Lastenrad-Förderung: Ein Leitfaden

Die Verkehrs- und Umweltproblematik zwingt die Städte zum Handeln. Deshalb werden vielerorts Förderprogramme für den Lastentransport mit dem Fahrrad aufgelegt - sie stellen eine verhältnismässig schnell und leicht umzusetzende Lösung dar. Außerdem können erstmals in der Geschichte des Fahrrads auch große Lasten und Distanzen problemlos mit E-Unterstützung bewältigt werden.

Diese Seite bietet einen Leitfaden dafür, Förderkriterien sinnvoll und praxisgerecht zu gestalten, um den bestmöglichen Einsatz oft begrenzter Fördermittel zu gewährleisten.

Inhaltsverzeichnis

1_Gründe für das Fahrrad als Transportmittel

2_Übersicht der verschiedenen Fahrrad- und Lastenradtypen

3_Bausteine einer Lastenrad-Förderung

  • Warum eine Förderung sinnvoll ist

  • Ausgangsanalyse

  • Was soll durch die Föderung erreicht werden?

  • Wer soll gefördert werden?

  • Was soll gefördert werden?

  • Sinnvolle Förderkriterien definieren

  • Was gilt als Lastenfahrrad?

  • Die Nutzlast

  • Das Transportvolumen

  • Die Radverkehrsinfrastruktur

  • Der menschliche Anteil an der Antriebsleistung

  • Unsere Empfehlungen

4_Den Impact einer Förderung erhöhen

5_Die Evaluation der Förderung

6_Über Hinterher

1. Gründe für das Fahrrad als Transportmittel

Ein E-Bike mit Lastenanhänger und Fahrrädern

• Das Fahrrad ist das effizienteste menschliche Fortbewegungsmittel

• Durch die Elektrifizierung des Fahrrads können nun große Distanzen und Lasten mit Leichtigkeit bewältigt werden

• Fahrräder und E-Bikes verbrauchen nur einen Bruchteil der Verkehrs- und Abstellfläche von Autos

• Fahrräder und E-Bikes sind auf den typischerweise in der Stadt zurückgelegten Distanzen schneller als Autos

• Fahrräder verursachen keine direkten Emissionen und keinen Lärm. Sie können zu jeder Tages- und Nachtzeit eingesetzt werden

• Fahrräder stellen eine viel geringere Bedrohung für Kinder, ältere Mitbürger und beeinträchtigte Personen im Straßenverkehr dar als Autos und erhöhen die Lebensqualität einer Stadt

• Fahrräder sind im Vergleich zum Auto extrem kostengünstig in der Anschaffung und im Unterhalt

• Die Infrastrukturmaßnahmen für die Förderung des Fahrradverkehrs sind unvergleichlich viel kostengünstiger als die für den Autoverkehr

2. Übersicht der verschiedenen Fahrrad- und Lastenradtypen

Fahrrad

Fahrrad von Velotraum mit Gepäckträger und Lowrider

Fahrräder sind ein Wunder an Effizienz und Leichtbau. Mit 7-14 kg Eigengewicht können sie ein Vielfaches ihrer Masse transportieren. Gepäckträger und geeignete Taschen ermöglichen zudem den Transport von Dingen. Gut 150 Liter Volumen und ca. 55 kg an Ladung können realistischerweise mit einem Fahrrad bewegt werden, wie viele Radreisende veranschaulichen. Da zum Antrieb des Rades nur die menschliche Muskelkraft zur Verfügung steht, ist eine möglichst genaue Anpassung des Fahrrads an seinen Fahrer die Voraussetzung für eine möglichst effiziente Nutzung der begrenzten Antriebsleistung. Aus diesem Grund gibt es eine Vielzahl an Rahmengrößen und Bauteilen, um den unterschiedlichen Physiognomien der Menschen Rechnung zu tragen. Auch gibt es verschiedenste Radgattungen wie Stadträder, Reiseräder, Mountainbikes, Rennräder usw.

E-Bike

Ein Pedelec von Is:y

In Deutschland können E-Bikes oder Pedelecs ohne Zulassung und Führerschein mit einer Unterstützung bis 25 km/h gefahren werden. Dabei weisen sie mit einer Akkuladung Reichweiten von ca. 50-80 km auf, je nach Topographie, Fahrweise, Unterstützungsgrad und Akkukapazität. E-Bikes gibt es mittlerweile in einer Vielzahl an Ausführungen, Gattungen und Größen. Sie kosten ca. 1000 Euro Aufpreis gegenüber einem ähnlich ausgestatteten, nicht-motorisierten Modell. Aufgrund der höheren erreichbaren Durchschnittsgeschwindigkeit und der Kraftübertragung des Elektroantriebs müssen viele Bauteile eines E-Bikes erhöhten Belastungen standhalten, insbesondere die Bremsen. Der Antriebsstrang, also Kette und Ritzel, verschleißt aufgrund der höheren Antriebskräfte ebenfalls schneller als an einem normalen Fahrrad. E-Bikes können ähnlich hohe Volumina und Gewichte transportieren wie normale Fahrräder. Dank der Elektrounterstützung ist dies einer viel größeren Personengruppe und über weitere Strecken möglich. Die Transportkapazität eines E-Bikes kann durch einen Kinder- oder Lastenanhänger vergrößert werden.

Ein Bullit Lastenfahrrad von Larryvsharry

Lastenfahrrad

Lastenfahrräder bieten eine Transportfläche zum Lasten oder Kindertransport. Sie gibt es in den verschiedensten Varianten. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zweirädrigen sowie dreirädrigen Lastenfahrrädern. Letztere bieten zwar meist mehr Transportvolumen und Zuladungsmöglichkeiten, sind jedoch weit weniger gut zu fahren als zweirädrige Lastenfahrräder, da sie höhere Lenkkräfte aufweisen
und nur langsam um die Kurve fahren können. Neueste Modelle versuchen diesem Nachteil entgegenzuwirken, indem sie eine aufwändige Neigetechnik verwenden. Dreirädrige Lastenfahrräder benötigen aufgrund ihrer Breite im Straßenverkehr mehr Platz als zweirädrige, sind häufig aber etwas kürzer als diese und müssen beim Abstellen nicht abgestützt werden.

Lastenfahrräder können durchschnittlich ca. 80 kg an Nutzlast zuladen, wobei die Bandbreite aufgrund der Modellvielfalt groß ist. Es gibt sie mit offenen Ladeflächen und mit fertigen Transportboxen, die meist zwischen 140-300 Liter Volumen Stauraum bieten.
Lastenfahrräder gibt es aufgrund der geringen Stückzahlen nur in Einheitsgrößen, was gerade bei Körpermaßen jenseits des Durchschnitts keine optimale
Abstimmung auf das Zusammenspiel von Mensch und Lastenfahrrad zulässt.

Ein Bullitt X Lastenrad von Harryvslarry

E-Lastenfahrrad

E-Lastenfahrräder besitzen prinzipiell die gleichen Eigenschaften wie ihre nicht-elektrifizierten Varianten. Nirgends ergibt jedoch eine zusätzliche elektrische Unterstützung so viel Sinn wie beim Lastenfahrrad, welches für eine große Zuladung ausgelegt ist und durch seine stabile Bauweise und Größe auch über ein vergleichsweise hohes Eigengewicht verfügt. Die zusätzliche Antriebsleistung durch den Elektromotor hebt zudem den Nachteil der Einheitsgröße von E-Lastenfahrrädern und die damit einhergehende nur rudimentäre Anpassbarkeit an verschiedene menschliche Physiognomien größtenteils auf.

E-Lastenräder dominieren das Segment. Es werden kaum noch rein muskelbetriebene Lastenfahrräder entwickelt. E-Lastenräder gibt es mittlerweile in einer Vielzahl an Varianten und Ausführungen. Es gibt sie als klassische Einspurer (“Long John”), als Mehrspurer, mit Neigetechnik, mit mehreren verteilten Ladeflächen.

Eine Zwischengattung von E-Bike und E-Lastenrad sind die sogenannten “Long Tails”. Diese verfügen über einen langen, meist fest in den Rahmen integrierten Gepäckträger. Diese Long Tails besitzen aufgrund von kleineren Laufrädern meistens eine ähnliche Gesamtlänge wie normale E-Bikes. Durch die kleineren Laufräder sinkt zudem der Schwerpunkt der vergleichsweise hohen Ladefläche vorteilhaft weiter nach unten.


E-Lastenfahrräder können durchschnittlich 80 kg an Nutzlast hinzuladen, wobei die Bandbreite aufgrund der Modellvielfalt groß ist.

Lastenanhänger

Fahrradlastenanhänger haben meist zwei Räder und lassen sich an jedes beliebige Fahrrad, E-Bike oder Lastenfahrrad koppeln. Es gibt sie in ganz unterschiedlichen
Größen, vom kleinen Einkaufsanhänger bis zum großen Anhänger für den Transport einer Europalette. Ihr Vorteil liegt in ihrer konstruktiven Einfachheit und Flexibilität, da
sie wie die Ladefläche eines LKW an verschiedene “Zugmaschinen” gehängt werden können. Sie sind vergleichsweise preisgünstige und rein mechanische Produkte, da sie über keinerlei Antriebskomponenten verfügen. Sie können Volumen zwischen 70-1000 Liter und Zuladungen zwischen 45-200 kg bewältigen. Je nach Topographie und Einsatz benötigen sehr schwer beladene Fahrradanhänger im professionellen Betrieb ein selbstständiges Bremssystem (“Auflaufbremse”), da das Zugfahrrad die zusätzliche Last meist nicht mehr mit abbremsen kann.

E-Lastenanhänger

Einige Hersteller bieten mittlerweile E-Lastenanhänger an, die über einen eigenen Elektroantrieb inklusive Akku verfügen. Sie schieben das sie ziehende Fahrrad entweder an und agieren so als Schubanhänger oder sie verfügen über eine spezielle Sensorik und fahren “antriebsneutral” hinter dem Fahrrad oder E-Bike her. Während Schubanhänger ein normales Fahrrad in ein E-Bike verwandeln, dürfen antriebsneutrale Lastenanhänger auch mit einem E-Bike gezogen werden.

Die typischen Zuladungsgewichte von Schubanhängern bewegen sich in einem Spektrum von 45-200 kg.

3. Bausteine einer Lastenrad-Förderung

Warum eine Förderung sinnvoll ist
Das Fahrrad hatte über Jahrzehnte einen schweren Stand, als Verkehrsmittel ernst genommen zu werden. Erst seit relativ kurzer Zeit erfährt es in der öffentlichen Wahrnehmung eine Renaissance und eine größere Wertschätzung. Gleichwohl ist das Auto für einen Großteil der Bevölkerung noch immer das naheliegendste Transportmittel, auch weil es seit Jahrzehnten die Gesellschaft kulturell stark geprägt hat und den öffentlichen Raum und die Verkehrsinfrastruktur dominiert. Die Förderung von Fahrradtransportsystemen ist neben dem ökonomischen Anreiz vor allem ein Anstoß zum Umdenken. Durch eine größere Öffentlichkeitswirksamkeit werden Menschen auf eine Transportmöglichkeit gestoßen, die sie bisher nicht als ernsthafte Option in Erwähnung gezogen haben.

Ausgangsanalyse
Einer Förderung sollte immer die spezifische Analyse der Situation in dem zu fördernden Gebiet vorangehen. Dabei ist es wichtig zu betrachten, auf welche Transportmittel sich der bisherige Verkehr verteilt (Modal Split) und welche Maßnahmen es bisher gegeben hat, diese Verteilung zu beeinflussen und zu steuern. Möglichst viele Daten über die Gründe für Transportfahrten, die Tageszeiten und die Zielgruppen erleichtern die anschließende Ausgestaltung der Förderung und das Erreichen der gewünschten Effekte. Ein wichtiger Punkt in der Analyse sollte auch die längerfristige Verkehrsplanung und das Zusammenwirken von Infrastrukturmaßnahmen sein. Eine Verlagerung des Autoverkehrs wird langfristig nur dann zu erzielen sein, wenn es eine entsprechende Radverkehrsinfrastruktur für das anvisierte Potential geben wird.

Was soll durch die Förderung erreicht werden?
Nach der Analyse der Ausgangssituation können Ziele definiert werden. Was soll eine Förderung bewirken und erreichen? Die Zielsetzungen können dabei sehr unterschiedlich sein. Eine allgemeine Verringerung des Autoverkehrs und damit eine Kapazitätserhöhung der bestehenden Verkehrsinfrastruktur kann ein Ziel sein. Ebenso die Verringerung bzw. Verlagerung des Lieferverkehrs mit LKW auf alternative Lieferfahrzeuge mit weniger Schadstoffausstoß. Weitere Ziele können generell Schadstoff- und Lärmreduzierung sein oder die Entlastung eines bestimmten Stadtgebiets. Eine Förderung könnte darauf abzielen, lokale Geschäftsstrukturen und die Micromobilität zu stärken oder die Fahrradelektromobilität in kleinen Handwerksbetrieben. Es können bestimmte soziale Schichten, Altersgruppen oder Familien in ihren Mobilitätsmöglichkeiten gestärkt werden. Letztlich sollte klar sein, welche Zielsetzung die Förderung im konkreten Fall haben soll.

Wer soll gefördert werden?
An wen sich eine Förderung richtet, ist eng mit dieser Zielsetzung und auch mit der konkreten Kenntnis der spezifischen Verkehrssituation vor Ort verbunden. Soll etwa der Lieferverkehr verringert werden, sind Gewerbetreibende eine naheliegende Zielgruppe, auf deren Transportverhalten und Anforderungen eine Förderung in der Ausgestaltung der Kriterien eingehen sollte. Gleiches gilt für die Zielgruppen der Privatanwender, Familien, Vereine, öffentliche Institutionen oder Hausgemeinschaften. Sie alle weisen ein ganz spezifisches Transport- bzw. Mobilitätsverhalten auf, das man sich zur Erreichung der Förderziele zunutze
machen kann. So unterscheiden sich etwa die Zeiten, in denen Gewerbetreibende und Privatanwender mit ihren Transportfahrten die Verkehrsinfrastruktur nutzen. Soll zum Beispiel der Feierabendverkehr entlastet werden, könnte eine mögliche Zielgruppe Privatanwender sein. Vielleicht wird der Feierabendverkehr aber auch besonders durch den Lieferverkehr, der in der zweiten Reihe parkt, belastet. Hier wäre die Zielgruppe dann Gewerbetreibende bzw. Lieferdienste. Eine bestimmte Zielgruppe kann aber nicht nur aus verkehrspolitischen Gründen der Adressat einer Förderung sein. Auch soziale und ökonomische Gründe können dafür sprechen, einer bestimmten Zielgruppe den Zugang zu Fahrradtransportsystemen erleichtern zu wollen, wie unter dem Abschnitt „Ziele“ bereits angesprochen wurde.


Was soll gefördert werden?
Je nachdem, was eine Förderung erreichen will und auf welche Zielgruppe sie abzielt, sollte sie bestimmte Fahrradtypen oder Fahrradtransportsysteme fördern. Denn jede Zielgruppe und jede Transportanwendung hat natürlich unterschiedliche Anforderungen an ein Transportsystem. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass die Nutzer am besten wissen, welches Lastenfahrrad, welcher Lastenanhänger, welches E-Bike oder welche Kombination am besten für sie geeignet sind.
Momentan werden in Förderprogrammen fast ausschließlich Lastenfahrräder berücksichtigt. Damit wird das große Potential verschenkt, das normale Fahrräder und E-Bikes zusammen mit Lastenanhängern für die Entlastung des städtischen Transports besitzen. Je nach Anwendung und Nutzer können sie zudem die bessere und deutlich preiswertere Transportlösung sein.
Neben der größeren Vielfalt für die Nutzer spricht noch etwas für eine Förderung von Lastenanhängern. Es existieren in Deutschland bereits zehn Millionen E-Bikes und 73 Millionen Fahrräder (Stand 2022), die sich mit einem Lastenanhänger für wenige hundert Euro innerhalb von Sekunden in ein leistungsfähiges Transportsystem verwandeln lassen.

Sinnvolle Förderkriterien definieren
Es wurde kurz dargestellt, was Lastenfahrräder oder Lastenanhänger typischerweise transportieren können. Die Bandbreite ist dabei naturgemäß groß, je nach Modell, Konzept und Ausführung. Auch hier sollten die Anforderungen der Zielgruppe die Grundlage für die Ausgestaltung technischer Mindestanforderungen bilden. Privatanwender dürften kaum „mit dem LKW“ unter den Fahrradtransportsystemen zum Einkaufen fahren wollen. Wir halten es auch hier für sinnvoll, die Nutzer selbst entscheiden zu lassen, welche Nutzlast und Transportkapazität sie tatsächlich benötigen und auch in ihre vorhandene Alltagsstruktur integrieren können (z.B. wenn kein Stellplatz für ein Lastenrad vorhanden ist). Will eine Förderung hingegen die technische Entwicklung vorantreiben und einer ganz neuen Fahrzeuggattung zu mehr Popularität verhelfen, können hohe Anforderungen zielführend sein.

Was gilt als Lastenfahrrad?
Schon jetzt gibt es kompakte E-Bikes mit verlängerten Gepäckträgern oder starken Frontgepäckträgern, die die Grenze zum Lastenfahrrad verwischen und die für viele Anwendungen hervorragend geeignet sind. Der Markt für E-Lastenfahrräder diversifiziert sich in dieser Hinsicht gerade stark. Modulare Systeme kommen auf den Markt, wo die Ladeflächen ausgetauscht werden können oder an verschiedene Stellen am Lastenrad platziert werden. Das ist auch für Förderungen eine Herausforderung, die ja eine Abgrenzung zum “normalen” E-Bike vornehmen möchten. Momentan wird ein Lastenfahrrad von Förderungen häufig so definiert, dass es eine permanent mit dem Fahrradrahmen verbundene Ladefläche besitzen müsse. Dies geht in der Praxis immer mehr an der Realität vorbei, gibt es doch sehr belastbare Lastenfahrräder mit modular anschraubbaren Ladeflächen oder extrem robusten Gepäckträgern. Auch besonders kompakte E-Bikes würden sich als ideale Zugmaschinen für einen belastbaren Lastenanhänger anbieten. Was sich bei LKWs seit Jahrzehnten bewährt hat, nämlich die Trennung von Zugmaschine und Anhänger, findet in Lastenradförderungen leider oftmals keinerlei Berücksichtigung. Als Hersteller von Lastenanhängern bedauern wir diesen Umstand.

Die Nutzlast
Sehr viel unproblematischer ist das Förderkriterium der Nutzlast. Allerdings sollte auch hier, wie oben erwähnt, im Auge behalten werden, an welche Zielgruppe die Lastenrad-Förderung gerichtet ist und welche Nutzlasten in diesem Zielgruppensegment sinnvoll sind. Für Privatanwender sind das meist geringere als für Gewerbetreibende.


Das Transportvolumen
Stark verknüpft mit dem Thema Nutzlast ist auch eine eventuelle Mindestanforderung an ein Transportvolumen. Hier muss ebenfalls berücksichtigt werden, was die Zielgruppe der Förderung in der Praxis tatsächlich gebrauchen kann und möchte. Zudem gibt es auch gesellschaftliche Punkte, die bei der Ausgestaltung solcher Förderkriterien berücksichtigt werden sollten, wie etwa die verfügbare Verkehrsinfrastruktur.


Die Radverkehrsinfrastruktur
Bei der Festlegung von Förderktierien sollten auch die Grenzen und Kapazitäten der aktuellen Verkehrsinfrastruktur berücksichtigt werden. Die meisten in Deutschland ausgewiesenen Fahrradwege erfüllen nicht die Anforderung, die heute an solche Verkehrswege gestellt werden. Sie sind fast immer zu schmal sowie schlecht vom übrigen Verkehr abgegrenzt, was zu zahlreichen Gefahrensituationen und Unfällen führt. Auch die Absenkungen bei Fahrbahnquerungen sind häufig ungenügend und der allgemeine Fahrbahnzustand schlecht. Die dezidierte Abstellfläche für Fahrräder im Straßenraum kann bestenfalls als ungenügend bezeichnet werden. Mit den hohen beim E-Bike und E-Lastenrad erzielbaren Durchschnittsgeschwindigkeiten verstärken sich die Gefahren und Kapazitätsengpässe der bestehenden Radwege zusätzlich. Dieser Hintergrund sollte bei der Förderung von Fahrrädern, E-Bikes und Lastenanhängern in Betracht gezogen werden und auch bei der Festlegung der Nutzlast und des Transportvolumens eine Rolle spielen. Es kann sich z.B. als zielführender für die Verlagerung des Autoverkehrs hin zum Fahrrad erweisen, statt einer Kaufprämie für Lastenräder die Mittel für eine bessere Radverkehrsinfrastruktur zu verwenden. Im Idealfall gehen beide Maßnahmen Hand in Hand.

Der menschliche Anteil an der Antriebsleistung
Ein durchschnittlicher Erwachsener in guter physischer Verfassung kann gut 100 Watt auf dem Fahrrad über einen längeren Zeitraum als Antriebsleistung erbringen bzw. bei einem E-Bike oder E-Lastenrad beisteuern. Werden Fahrradtransportsysteme immer schwerer, so sinkt der menschliche Anteil an der Antriebsleistung prozentual immer weiter ab. Irgendwann tritt der Mensch nur noch symbolisch und aus rechtlichen Gründen in die Pedalen, damit das System noch als Fahrrad gilt. Wo und ob der Gesetzgeber, aber auch Lastenradförderungen mit ihren Anforderungen an Transportvolumen und Nutzlast, diesen Faktor als Grenze sehen, bleibt abzuwarten.

Cem Özdemir fährt einen Hinterher Fahrradanhänger für den Lastentransport bei einem Unternehmensbesuch

Unsere Empfehlungen für sinnvolle Förderkriterien für Lastenfahrräder und Lastenanhänger
Für eine Förderung von Lastenfahrrädern und Lastenanhängern würden wir empfehlen, Nutzerinnen und Nutzern die größtmögliche Flexibilität bei der Auswahl eines für sie passenden Fahrrad-Transportsystemes zu ermöglichen. Denn die Anforderungen von Nutzerinnen und Nutzern sind höchst unterschiedlich, je nach Branche, Einsatz, Lebensumstände, Unterstellmöglichkeiten, Topographie usw. Für manche Menschen ist ein großes Lastenfahrrad ideal, für manche Menschen ein eher kleineres, kompakteres. Andere besitzen bereits ein für sie passendes E-Bike oder Fahrrad und benötigen lediglich eine zusätzliche Ladefläche in Form eines Fahrradanhängers. Wieder andere hätten gerne ein starkes E-Bike in Kombination mit einem Lastenanhänger. Wird die Förderung nicht explizit als Industrieförderung einer ganz spezifischen Fahrzeuggattung verstanden, spricht nichts gegen diese Flexibilisierung des Fördergegenstandes. Die Angst vor einer missbräuchlich genutzen Förderung halten wir für unbegründet. Alle E-Lastenfahrräder, wie sie in heutigen Förderungen gefördert werden, lassen sich jetzt schon rein privat und entgegen ihrer nominellen Bestimmung und auch völlig ohne Last benutzen.

Was ist nun ein sinnvolles Kritierum, um ein Lastenrad als solches definieren zu können? Wir würden dazu das zulässige Gesamtgewicht der Hersteller empfehlen. Lastenfahrräder haben naturgemäß eine hohe Zuladung, deshalb haben sie ein hohes zulässiges Gesamtgewicht. Wo solche Lastenräder nun ihre Ladefläche aufweisen, ob fest mit dem Rahmen verschweißt oder modular aufgebaut, wäre damit nicht mehr relevant. Bei Fahrrädern mit hohem Systemgewicht kann man davon ausgehen, dass es sich fast ausnahmslos um Lastenfahrräder handelt. Ausnahmen wären hier lediglich normale Fahrräder oder E-Bikes für sehr groß gewachsene Menschen, die naturgemäß ebenfalls ein sehr hohes Systemgewicht aufweisen müssen. Solche großen Fahrräder können jedoch tatsächlich auch nur von großgewachsenenen Menschen gefahren werden, deshalb halten wir das Risiko einer missbräuchlich in Anspruch genommenen Lastenradförderung für solche Fahrräder für extrem gering.

Als Hersteller von Lastenanhängern würden wir es begrüßen, wenn nicht nur Lastenanhänger für sich genommen förderfähig wären, sondern wenn dies auch für ein System aus E-Bike und Lastenanhänger zuträfe. Um auch hier einen eventuellen Fördermissbrauch auszuschließen, bietet sich ebenfalls das zulässige Gesamtgewicht des Zugfahrrads als Kriterium an. Denn ein Lastenanhänger sollte von einem stabilen E-Bike gezogen werden und dessen zulässiges Systemgewicht gibt Auskunft über die Belastungsfähigkeit des Rahmens und der Bremsanlage.

Die höhe des zulässigen Gesamtgewichts sollte an den gängigen Lastenrädern festgemacht werden. Hier bieten sich ein minimales zulässiges Gesamtgewicht von ca. 170-180 kg an. Wird die Kombination aus E-Bike und Lastenanhänger gefördert, so muss das E-Bike ebenfalls das festgesetzte zulässige Gesamtgewicht tragen, abzüglich des Eigengewichts des Lastenanhängers.

4. Den Impact einer Lastenrad-Förderung erhöhen

Aus Steuergeldern finanzierte Fördermittel sollen/müssen möglichst effektiv und zielführend eingesetzt werden. Durch verschiedene Maßnahmen kann der Impact einer Förderung erhöht werden. Dabei bietet sich zum einen an, die Ausgangslage im Fördergebiet möglichst umfassend zu analysieren, um die Förderung konkret und maßgeschneidert auf eine Zielgruppe oder auf ein angestrebtes Szenario auszuformulieren. Sie trifft dann im Idealfall tatsächlich diejenigen, für die sie hauptsächlich gedacht ist.

Die Reichweite der Förderung hängt vor allem von zwei Faktoren ab: Dem zur Verfügung stehenden Gesamt-Förderetat in Bezug zur möglichen Anzahl an Einzelförderungen sowie der Anzahl der erreichten Personen. Wenn die Förderung mehr Menschen erreichen soll, bieten sich v.a. die Förderung von Hausgemeinschaften, Vereinen oder Verleihern für die gemeinschaftliche Nutzung von Fahrradtransportsystemen an. Besonders gut lässt sich ein Lastenanhänger oder Lastenfahrrad von einer Hausgemeinschaft gemeinschaftlich verwenden, da hier alle Nutzer ihren Lebensmittelpunkt am selben Ort besitzen, ein gewisses Vertrauensverhältnis voraussetzbar ist und das Nutzungsprozedere sehr einfach und niederschwellig gehalten werden kann. Auch Vereine sind bereits ideale Orte für Nutzergemeinschaften, da sie bereits etablierte Kommunikationskanäle bieten und ihre Mitglieder in bestimmte Ämter und Verantwortlichkeiten einbinden. Das lässt sich nicht nur leicht für die Verwaltung eines Transportsystems nutzbar machen, es bietet auch die Voraussetzung für verantworliches Handeln in der Gemeinschaft, was wiederum massive Auswirkungen auf Pflege und Lebensdauer der genutzten Geräte hat.

5. Die Evaluation der Lastenrad-Förderung

Mindestens so wichtig wie die vorangehende Analyse der Ausgangslage ist die begleitende und abschließende Evaluation einer Förderung. Nur hierdurch lässt sich überprüfen, ob die der Förderung zu Grunde liegenden Prämissen, Erwartungen und Ziele auch umgesetzt werden konnten oder sich erfüllt haben. Dabei bietet es sich an, bereits bei der Erteilung der Fördergelder vom Empfänger einen anonymisierten Fragebogen ausfüllen zu lassen. Angaben über die Größe des Personenhaushalts, des verfügbaren Einkommens, des Anschaffungsgrundes, der beabsichtigten Nutzung usw. können wichtige Erkenntnisse liefern, welche Personengruppen aus welchen Motiven und mit welchen Absichten auf alternative Transportmittel setzen. Diese Erkenntnisse lassen zusammen mit späteren Datenerhebungen vielfältige Rückschlüsse zu, beispielsweise über das Verhältnis von verfügbarem Einkommen, Anschaffungspreis und Förderanteil.

6. Über Hinterher

Hinterher wurde 2012 in München gegründet. Für seine lokale Produktion und seine innovativen Lastenanhänger wurde das Unternehmen vielfach ausgezeichent, u.a. mit dem Umweltpreis der Stadt München, dem Bundespreis EcoDesign des Bundesumweltministeriums, dem Gemeinwohlpreis der Gemeinde Gräfelfing, dem European Business Award, dem Bayerischen Staatspreis für Innovation im Handwerk.

Hinterher versteht sich nicht nur als ein Unernehmen mit wirtschaftlichen Interessen, sondern ist an einer allgemeinen Förderung des Fahrradverkehrs und insbesondere der Fahrradinfrastruktur interessiert. Hinterher ist Mitglied im Radlogistikverband Deutschland.